Was versteht man unter Pflegefreistellung und Pflegeurlaub?
Als Arbeitnehmer haben Sie das Recht, bei notwendiger Pflege eines Angehörigen von der Arbeit freigestellt zu werden. Dabei handelt es sich nicht um genehmigte Urlaubszeit, sondern um eine Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen. Das heißt, Sie erhalten während der Ausfallzeit weiterhin Ihr normales Gehalt.
Eine Person ist pflegebedürftig, wenn der erkrankte Angehörige aufgrund seiner Erkrankung oder seines Alters Hilfestellung benötigt und besondere Aufmerksamkeit benötigt. Die Pflegebedürftigkeit wird durch einen Arzt festgestellt und regelmäßig überprüft.
Wann besteht Anspruch auf Pflegefreistellung?
Eine Pflegefreistellung wird genehmigt, wenn es sich bei der zu pflegenden Person um einen im gemeinsamen Haushalt lebenden und nahen Angehörigen handelt.
Zu nahen Angehörigen die in einem gemeinsamen Haushalt leben zählen folgende Personen:
- Verwandte in gerader Linie, dazu gehören Kinder, Enkelkinder, Eltern und Großeltern
- Adoptivkinder oder Pflegekinder
- Ehepartner bzw. Ehepartnerin
- eingetragene Partner bzw. Partnerin
- Lebensgefährte bzw. Lebensgefährtin
- leibliche Kinder des Ehepartners/eingetragenen Partners/Lebensgefährten
Was sind die Vorraussetzungen um eine Pflegefreistellung zu beantragen?
Die Pflegefreistellung oder ein sogenannter Pflegeurlaub kann bereits unmittelbar nach Beginn des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen werden.
In den folgenden Fällen ist die Beantragung einer Pflegefreistellung zulässig:
- ein im gemeinsamen Haushalt lebender nahe Angehörige ist pflegebedürftig
- die eigentliche Betreuungsperson des eigenen Kindes, Adoptivkind oder Pflegekind (auch ohne gemeinsamen Haushalt) und Kinder des Partners fällt aus (durch z.B. Krankheit, Krankenhausaufenthalt, Freiheitsstrafe, Tod) und eine umgehende Betreuung durch Sie wird nötig
- das eigene Kind unter zehn Jahren musst stationär im Krankenhaus aufgenommen werden. Der Anspruch auf Pflegefreistellung besteht auch für unter zehnjährige Kinder des Partners/Lebenspartners, selbst wenn kein gemeinsamer Haushalt vorliegt
Im Allgemeinen gilt, dass die leiblichen Eltern auch nach Trennung der Elternteile bei Erkrankung des Kindes Anspruch auf Freistellung haben, auch wenn das erkrankte Kind nicht in einem Haushalt mit dem Antragsteller lebt.
Außerdem ist zu beachten, das ein gemeinsamer Haushalt besteht wenn zwischen Antragsteller und dem erkrankten Angehörigen eine gemeinsame Wohngemeinschaft besteht. Außerdem muss eine gemeinsame Wirtschaftsgemeinschaft bestehen.
Auch, wenn der Antragsteller dem Erkrankten gegenüber Unterhalt zahlt oder dem Gesetz nach erziehungsberechtigt ist, reicht dies nicht aus, um einen gemeinsamen Haushalt zu definieren. Auch ein Wohnen in benachbarten aber getrennten Wohnräumen gilt nicht als gemeinsamer Haushalt.
Nachweis der Pflegebedürftigkeit des Kindes
Der Nachweis der pflegebedürftigkeit des Angehörigen ist dem Arbeitgeber gegenüber mündlich oder schriftlich zu verrichten. Dabei muss dem Arbeitgeber die Beantragung der Pflegefreistellung umgehend mitgeteilt werden.
Der Nachweis kann auch über ein Attest gegenüber dem Arbeitgeber erbracht werden. In manchen Fällen besteht der Auftraggeber auf einen ärztlichen Nachweis. Eine der beiden Nachweisformen muss aber in jedem Fall erbracht werden. In manchen Fällen muss ein kostenpflichtiges ärztliches Gutachten erstellt werden um dieses beim Arbeitgeber vorzulegen. Dies wird nicht von der Krankenkasse übernommen und muss selbst bezahlt werden. Manche Arbeitgeber können aber ein solches Gutachten verlangen.
Wie ist das Einkommen während der Pflegefreistellung geregelt?
Während der Pflegefreistellung erhält der Arbeitnehmer sein Gehalt in vollem Umfang.
Es darf durch die Pflegefreistellung kein wirtschaftlicher Nachteil entstehen. Dies bezieht sich auf das vertraglich festgelegte Gehalt. Wurden regelmäßig Überstunden geleistet und hiermit ein Mehrverdienst auftritt, so wird dieser Überschuss nicht mit berechnet.
Dauer der Pflegefreistellung
Innerhalb eines Arbeitsjahres besteht Anspruch auf Pflegefreistellung in Höhe der wöchentlich geleisteten Arbeitszeit. Das heißt, wer zum Beispiel 42 Stunden die Woche arbeitet, der hat Anspruch auf 42 Stunden Pflegefreistellung.
Diese Zeit kann als komplette Woche, tageweise oder stundenweise in Anspruch genommen werden. Sollte von Seiten des Arbeitnehmers regelmäßig Überstunden geleistet werden, so kann die Dauer der Pflegefreistellung verlängert werden. Nach der ersten Woche besteht unter Umständen Anspruch auf erweiterte Pflegefreistellung.
Voraussetzungen für die erweiterte Pflegefreistellung
Anspruch auf eine zweite Woche Pflegefreistellung hat der Arbeitnehmer, wenn folgende Bedingungen gegeben sind:
- die erste Woche Pflegefreistellung ist nicht ausreichend
- die zu pflegende Person ist nicht älter als zwölf Jahre
- Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf bezahlte Freistellung
Leibliche Eltern von Kindern, Adoptivkindern und Pflegekindern können diese zweite Woche beantragen, auch wenn das zu pflegende Kind nicht im gemeinsamen Haushalt wohnt. Für leibliche Kinder des Partners kann eine zweite Woche nur dann beantragt werden, wenn ein gemeinsamer Haushalt mit dem leiblichen Elternteil und dem Kind vorliegt.
Sollte diese zusätzliche Zeit der Pflegefreistellung trotzdem nicht ausreichend sein und es sich um die zu pflegende Person um ein erkranktes Kind unter zwölf Jahren handeln so kann der Arbeitnehmer zusätzlich Urlaub nehmen.
Dies kann auch ohne vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber geschehen. Diese Auszeit wird allerdings dem verfügbaren Jahresurlaub abgezogen. Sollte das Urlaubskonto unzureichend sein, so kann der Arbeitnehmer trotzdem Urlaub nehmen, dieser ist in diesem Fall unbezahlt.
Pflegefreistellung bei Vorhandensein einer geeigneten Pflegeperson
Hat ein erkrankter Angehöriger mehrere Personen, die im selben Haushalt leben und zur Pflege zur Verfügung stehen, wer die Pflegefreistellung beantragt. Es ist nicht erlaubt mehrere Personen in einem Haushalt zur Pflege von der Arbeit freizustellen.
Dasselbe gilt, wenn eine Pflegeperson zur Pflege der erkrankten Person eingestellt ist. In diesem Fall braucht der Arbeitnehmer keine Pflegefreistellung zu beantragen. Es ist aber nicht verpflichtend auf eigene Kosten eine Pflegeperson einzustellen. Dies bleibt dem Arbeitnehmer überlassen.